Nah am Ursprung

Gestern hatten wir einen sehr erfüllenden und wertvollen Tag in Battambang. Battambang ist die zweitgrößte Stadt Kambodschas mit gerade mal 200.000 Einwohnern. Sie ist eine wunderschöne Stadt mit einem tollen Flair und super interessanten Handwerksdingen.

Wir haben erst eine Tuk-Tuk Fahrt quer durch die Stadt gemacht, danach eine Pause mit Mittagsschlaf im Hotel und dann sind wir in die Stadt und haben den alten Stadtkern erkundet.

Unsere Tuk-Tuk Tour startete mit einem Besuch bei einer 78jährigen Zigarettendreherin. Sie dreht seit 30 Jahren jeden Tag Zigaretten, geprobt hat sie das erste Mal schon mit 12 Jahren. Sie hat zwei Sorten „Tabak“ – klassischen Tabak und irgendein anderes getrocknetes Kraut ohne Nikotin. Das Gerät hat sie 1984 selber hergestellt, da sie so mehr Zigaretten auf einmal drehen kann. Während unseres Besuches haben uns immer wieder die Bettelmönche besucht. Sie gehen Vormittags von „Tür zu Tür“ und sammeln Spenden in Form von Geld oder Speisen. Da kommen am Tag teilweise über 40 Mönche vorbei, was umgerechnet bei der alten Dame 10 US$ (ca. 8 Euro) ausmacht. Ihr wird immer ein kurzer Segen vorgesprochen, den sie wiederholt und an alle Anwesenden weitergibt. Es war sehr schön zu beobachten, wie es im Alltag so abläuft.

Nach diesem Stopp ging es weiter, quer durch die Stadt an Auslagen mit getrocknetem Fisch vorbei. Hier in Battambang wird auch für andere Regionen der Fisch getrocknet und verkauft. Auch wenn man denkt, dass das stinken könnte – weit gefehlt, man riecht nichts. Der frische Fisch wird gewaschen und zerschnitten, dann für 1-2 Stunden in Salzwasser eingelegt und dann auf unterschiedlichsten Untergründen in die Sonne gelegt. Ob ich diesen Essen wollen würde, sei mal dahin gestellt.

Unser nächstes Ziel war ein „Handwerksbetrieb“, der Sticky Rice mit Kokosmilch, Wasser und schwarzen Bohnen in Bambusrohren grillen bzw. dämpft, um ihn so gar zu bekommen. Hört sich auch etwas ungewöhnlich an, doch der Reis ist im Bambusrohr vor Dreck geschützt, kann darin super transportiert werden und hält sich so mehrere Tage. Hinzukommt, dass das Bambusrohr später beim Aufbrechen auch als „Löffel“ benutzt werden kann. Der Reis wird in einem Bottich roh angerührt und dann als Mischung in das ausgehölte Rohr gefüllt. Dann an eine Feuerstelle gestellt und später wird mit einem Messer das Bambusrohr etwas dünner geschlagen, damit es sich brechen lässt. Der süße und leicht salzige Reis ist gar nicht schlecht.

Gegenüber dieser kleinen Produktionsstätte war ein alter Tempel – Wat Samrong Knong – von 1907, sowie ein recht neuer Tempel. Eine sehr interessante Anlage, wenn man einmal die verschiedenen Zeitepochen so nebeneinander sieht. Der alte Tempel wurde zu Zeiten der Roten Khmer als Gefängnis gebraucht. Deshalb war hinter dem Tempel ein weiteres Killing Field. Auch hier wurden Menschen misshandelt und getötet. Bei uns würden niemals echte Knochen ausgestellt, hier scheint es als normal.

Weiter ging es zu einer Familie, die Reispapier herstellt. Hier kommen große Bambusgitter und Bambusrollen zum Einsatz. Aber vorher muss der Reis gemahlen und lange verkocht werden, bis eine cremige Masse entsteht. Sie fühlt sich an den Fingern wirklich an wie eine Creme und erst wenn die Feuchtigkeit raus getrocknet ist, hat sie etwas Pudriges und ist sehr weich. Ist die Paste fertig gekocht, wird sie wieder etwas verdünnt. Über einem Kochtopf ist eine Gummifolie gezogen, auf der eine Art Crêpe produziert wird. Durch den warmen Dampf – das Wasser im Topf wird durch ein Feuer erhitzt – wird das hauchdünne Reispapier ganz schnell fest. In der Zwischenzeit wird die Bambusrolle auf einem sich drehenden Karussell mit einer Hand befeuchtet und das noch geschmeidige Reispapier wird darüber gehangen. Dadurch das sich das Karussell weiterdreht, kann das Reispapier an der nächsten Station mit der Bambusrolle entnommen werden und auf dem Bambusgitter abgerollt werden. Ist das Bambusgitter voll, wird es für 2 Stunden in die Sonne zum Trocknen gelegt. Danach lassen sich die Blätter recht einfach ablösen. Mit dieser Technik werden von zwei Personen am Tag ca. 2000 Reispapierblätter hergestellt. Ich durfte ausprobieren, die nassen Reispapiere von der Bambusrolle auf das Bambusgitter zu rollen. Nicht einfach, da die Blätter so fein und klebrig sind, dass sie sehr schnell reißen. Es sah so einfach aus…

Nach diesem Besuch ging es weiter zu einer anderen Lebensmittelverarbeitung. Hier drehte sich alles um Bambus und die Banane. Bambus spielt hier im Land als Hilfsmittel eine große Rolle. Hier wird natürliches Trockenobst hergestellt. Getrocknete Bananen und Bananenpapier stehen hier im Mittelpunkt. Eine Arbeiterin schneidet millimeterdünne  Bananenscheiben längst ab und legt sie ganz dicht beieinander auf ein sehr feines Bambusgitter. Je nach Größe werden 3-4 kleine Bananen benötigt, um ein Gitter voll zu bekommen. Das Bananenpapier hat später eine Größe von ca. 15 cm x 60 cm. Auch diese werden in der Sonne getrocknet. Danach können diese in einer Folie ca. zwei Wochen gelagert werden. Lecker!!!! Auch die getrockneten Bananenchips, die wir ja auch kennen, sind lecker. Sie haben nur den Bananengeschmack und bestehen auch nur aus Banane. Keine süße Zugabe. Eine weitere Trockenobstvariante, die auch hier hergestellt wird, sind getrocknete Mangoblätter. Dafür wird erst eine Art Marmelade gekocht, allerdings ohne Zucker und diese dann auf dem Bambusgitter aufgestrichen. Dann ab damit in die Sonne.

Weiter ging es zu einer sehr stinkenden Angelegenheit: Der kleinen örtlichen Fischfabrik. Puhhh, beim Vorbeifahren hätte ich mir am liebsten schon die Nase mit einer Wäscheklammer zugekniffen. Doch da wusste ich auch noch nicht, dass wir einige Meter weiter halten würde. Nun ja, los geht  die Tour, wer sagt, dass immer alles schön und lecker sein muss. Wie kann man sich diese stinkende Angelegenheit vorstellen? Also produziert wird hier Verschiedenes. Fangen wir an mit kleinem Fisch mit Reismehl und Salz, großem Fisch mit Reismehl und Salz, großem Fisch mit Salz, Fischfutter bzw. Krokodilfutter, Fischsauce, getrocknetem Fisch und eventuell auch noch andere Dinge, die ich nicht verstanden habe. Es standen unter einem Dach so viel verschiedene Tonnen und Fässer mit Fisch, dass es für mich nicht mehr überschaubar war. Außerdem musste ich mich etwas mit meiner Kamera beschäftigen, um vom Geruch abgelenkt zu sein. Es ist eigentlich auch egal, da egal wo man hinschaute, irgendwo verarbeiteter Fisch lag. Sogar mehrere Haufen auf dem Boden, die einfach nur mit Salz haltbar gemacht waren, lagen rum. Absurd wie es da aussah und das das alles essbar ist.

Nachdem wir alles erklärt bekommen hatten, ging es wieder ins Tuk Tuk und wir fuhren wir zum Wat Ek Phnom. Erneut ein alter, diesmal sehr alter Hindu-Tempel von 1027, davor ein Buddhistischer Tempel von 2003. Für die Ruine benötigt man etwas Phantasie, doch dann kann man es sich gut vorstellen. Neben der Tempelanlage steht ein weiteres Gebäude, das von meterhohen Figuren bewacht wird. Dahinter sitzt ein geschätzt 20 m hoher Buddha. Eine irre Kulisse.

So langsam nähern wir uns dem Ende unserer Tour. Eine letzte Station wollten wir noch besuchen, nämlich die Reisnudelherstellung. Doch leider waren wir hier zu spät und bekamen nicht mehr viel zu sehen. Die Produktion war für diesen Tag beendet und es wurde nur noch aufgeräumt. Doch wir haben noch einen Korb mit 15 kg frischen Reisnudeln und de Gerätschaften gesehen. Da es sich bei der Art von Nudeln um frische Reisnudeln handelt, müssen sie am gleichen Tag auch verbraucht werden. Diese Familie beliefert einige Restaurants. Doch auch hier befindet man sich gefühlt in einem Hinterhof, der einfach und schlicht ist. Keine Standards, keine staubfreie Produktion. Für einen europäischen Hersteller undenkbar.

Nun war erst einmal die besagte Pause notwendig, danach ging es dann in die Stadt. Diese wollten wir doch auch noch erkunden.

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